Freitag, 25. September 2015

Intelligent Chess - die erste Schach-Datenbank

Sieht man diesen das erste Mal fragt man sich unweigerlich: Das soll ein
Schachcomputer sein? Der Intelligent Chess erinnert eher an einen Recorder aus den 70er Jahren durch das Kassettenfach und die Lautsprecher. Lediglich an den figurinen Symbolen auf den Drucktasten mit der Beschriftung A-H und 1-8 erkennt man: Hier geht es um Schach!

Der Clou ist die Verbindung zum TV. Über ein mitgeliefertes Antennenkabel kann man den Intelligent Chess anschließen und eine Partie auf dem Bildschirm verfolgen. Die Brettdarstellung in 2D ist für die damalige Auflösung recht ordentlich. Die Züge werden per Koordinaten eingegeben und visuell am TV übertragen. Dabei lassen sich wichtige Felder per "Flash" Taste markieren oder ganze Diagonalen und Linien z.B. bei Drohungen. Über das eingebaute Mikrofon kann man die Züge sogar mit eigenen Kommentaren versehen und die Partie am Ende abspeichern. Angeblich passen so bis zu 1000 Partien auf eine Kassette.

Wenn man so will war der Intelligent Chess also die erste elektronische Datenbank für Schach! Eine Schach-Lehrkassette von GM Helmut Pfleger wurde direkt mitgeliefert und Kassetten mit sämtlichen Turnierpartien von Bobby Fischer und allen WM-Partien waren im Handel erhältlich. Leider war das Schachprogramm viel zu schwach, um genügend Käufer zu finden. So gab es keine Neuauflage und die Idee der Datenbank wurde erst später professionell für den PC/Atari umgesetzt.

Samstag, 12. September 2015

Fidelity Mach II - Grüße aus L.A.

Zwei Aufkleber auf der Verpackung seines Vorgängers kündigen ihn an: Mach II, Model 6097 with 128K Bytes additional RAM for Hash Tables und American Open L.A. PROGRAM steht dort in fetten Lettern auf leuchtend-gelbem Grund. Auch die Bedienungsanleitung stammt noch vom Excel 68000, der erstmalig Hash-Tables in einem Micro-Schachcomputer nutzte zur Beschleunigung der Suche - vor allem im Endspiel. Doch der Excel litt an Kinderkrankheiten. Die Eröffnung hatte das ein oder andere Loch, das Mittelspiel war wenig druckvoll und die 16KB Hash Tables zu gering. Hinzu kam eine fehlerhafte Mattstufe.

Mit dem Mach II sollte alles besser werden; wurde es auch, allerdings stufenweise. Vom Mach II sind insgesamt 5(!) Programmversionen erschienen, die man mit Hilfe eines Stellungstests aus der schwedischen Zeitschrift PLY 2/88 unterscheiden kann.

Die Lösung ist Lxa7 mit Matt in 4.

Stufe H4:

Mach II a:              2:20 Min. e4?
Mach II b:              3:35 Min. Lxa7
Mach II c(1):         3:24 Min. Lxa7
Mach II c(2):         5:03 Min. Lxa7
Mach II c+:           5:40 Min. Lxa7
(L.A. Version)

Beim American Open in Los Angeles 1988 spielte ein Excel 68020 besonders erfolgreich und erzielte gegen Menschen 28:20 Punkte, vor Mephisto mit 26:22 und Novag mit 24:24 Punkten. Fidelity errechnete daraus 39 ELO Vorsprung gegenüber Mephisto und fortan wurde diese Version in allen Mach II verbaut als L.A. PROGRAM. Laut Fidelity spielte diese Version 30% schneller als seine Vorgänger und hatte eine verbesserte Eröffnungsbibliothek. Wie viel Gewinn das in ELO-Punkten ausmachte ist leider nie aufgeschlüsselt worden. In der SSDF-Liste
befanden sich lediglich der Mach IIa (1878 ELO) und Mach IIc (1915 ELO).

Mach II mit Schriftzug Fidelity Electronics in ROT!



Sonntag, 6. September 2015

Novag Super Nova - Frisch aus dem All

Mit Supernova bezeichnet man das helle Aufleuchten eines Sterns bei der Eruption am Ende seiner Lebenszeit. Wieso also diese Namensgebung für einen Schachcomputer aus dem Jahr 1990?

NOVAG läutete 1990 den Höhepunkt der Programmpalette mit dem Super System ein. Alle Geräte mit dem Vorwort SUPER - u.a. der Novag Super Nova - konnten in ein ganzes Netzwerk integriert werden, angefangen von Printer über PC, TV, Video und ein großes Turnierbrett aus Holz; wahrhaft fortschrittlich zu der Zeit. Doch die Tage der reinen Schachcomputer-Ära hatten bereits den Zenit erreicht. Es war quasi nur ein letztes Aufglühen vor dem Zusammenfall - ähnlich einer Supernova. Doch so viel Untergangsstimmung unterstelle ich den Namensgebern mal nicht. Immerhin hat es NOVAG auch in den 90ern geschafft mit der neuen Edelstein-Serie erfolgreich an frühere Tage anzuknüpfen.

Optisch hatte man dem Super Nova ein neues Gehäuse im Hochformat verpasst. Schlank, portabel und batterieschonend. Das Programm ist ein naher Verwandter des Super VIP, hier allerdings mit einem schnelleren 16 MHz Quarz bestückt. Die Eröffnungsbibliothek ist groß und vor allem sehr breit angelegt. Der Super Nova spielt fast alles aktiv, von Königsgambit bis Bird und Orang-Utan (Sokolsky). Selbst Grobs-Eröffnung (1.g4) habe ich schon gesehen. Diese werden dezent in einem Mix mit klassischen Eröffnungen gespielt. Sehr abwechslungsreich! Bei so viel Varianz kann man allerdings kaum erwarten, dass die Idee hinter der Eröffnung immer verstanden wird. Aber der Super Nova war auch nicht auserkoren die ELO-Ranglisten zu stürmen.

Während Eröffnung und Mittelspiel ordentlich bewältigt werden, fällt er im Endspiel stark ab, wie oft bei NOVAG. Dave Kittinger konnte diese Schwäche seiner Programme leider nie abstellen. Viele Stücke konnte NOVAG vom Super Nova nicht absetzen, obwohl er mit seinem 32K Programm durchaus zur guten Mittelklasse zu zählen war.

Für mich ist der Super Nova durch seine Eröffnungsbreite einmalig. Außerdem: Wie viele Schachcomputer gibt es mit türkiser Zierleiste und farblich passenden Aufdrucken?

Dienstag, 1. September 2015

Novag Scorpio 68000 - Pretty in Plastic


Im Hiarcs-Forum gibt es seit ein paar Wochen einen neuen Thread mit Titel: Prettier Plastic Computer. Dabei dreht sich alles um die Mauerblümchen unter den Schachcomputern. Während die großen Holzgeräte von jeher eine Fangemeinde hatten, waren die Plastikbomber oft verschmäht als häßliche Entlein. Deshalb freut es mich umso mehr, dass man sich nun über die Feinheiten im Design und Bedienkonzepte dieser preiswerteren Variante von Schachcomputern austauscht.

Einer meiner persönlichen Favoriten aus dem Bereich Plastik ist der Novag Scorpio 68000 von 1991. Mit diesem hatte die Firma Novag gleich mehrfach Neuland betreten. In der Optik entfernte man sich von der Constellation Forte-Reihe und entwarf ein völlig neues Gehäuse, welches in der Folge ebenfalls für die Diamond-Serie Pate stand. Das Display rückte nach vorne mit einer breiten Punktmatrixanzeige. Vorbei die Zeiten in denen man sich den Nacken verrenkte, um die Anzeige abzulesen. Der Grundton des Scorpio war tief-schwarz, ergänzt um eine rote Zierleiste an der Front. Insgesamt ein edler Anblick in Plastik. Leider wurde dieser in der Diamond-Serie wieder abgespeckt. Die silbernen Gehäuse des Diamond II und Star Diamond sind schlechter verarbeitet und lieblos lackiert. Das Display verkleinert und eingeschwärzt an den Seiten.

Auch die Hardware im Scorpio 68000 stellte eine Besonderheit dar. Wie im Namen schon ersichtlich, kam hier - und im Holz-Pendant Novag Diablo - zum ersten und einzigen Male ein 16 Bit Motorola 68000 Prozessor in einem Novag zum Einsatz. Damit wollte man sich dem Siegeszug der Mephistos entgegenstellen, doch kam man einige Jahre zu spät. Mittlerweile ging die Tendenz zu 32 Bit RISC Prozessoren und die PC-Ära wurde eingeläutet. Dem Scorpio fehlte es an Durchschlagskraft, taktisch wie positionell. Die Verkaufszahlen lagen hinter den Erwartungen zurück und dementsprechend selten ist dieser heute anzutreffen.